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KWS Lectures: Bürokratie und Ideologie in Stanisław Lems Sterntagebüchern – die Absurdität des Gehorsams

KWS Lectures: Bürokratie und Ideologie in Stanisław Lems Sterntagebüchern – die Absurdität des Gehorsams

#Gütersloh, 13. Oktober 2025

Einleitung

Wenn man über #Science #Fiction als Spiegel der Gegenwart spricht, denkt man oft an große technische Visionen. Bei Stanisław #Lem jedoch richtet sich der Blick nicht nur auf #Raketen oder #Roboter, sondern auf den Menschen – und vor allem auf die Systeme, die er sich schafft.

In seinen Sterntagebüchern führt Lem uns nicht in ferne Galaxien, um uns von der Erde zu entfremden, sondern um sie in grotesker Klarheit wiederzuerkennen.

Eine der eindringlichsten Episoden ist die Geschichte eines #Planeten, der vollständig unter #Wasser steht – und auf dem die #Regierung per #Gesetz verordnet hat, dass alle #Bewohner unter Wasser #atmen müssen. Da dies biologisch unmöglich ist, tauchen die Menschen heimlich auf, um zu überleben. Wer dabei ertappt wird, gilt als #Gesetzesbrecher.

Was zunächst absurd wirkt, entpuppt sich als präzise Parabel auf ein System, das die #Ideologie über die #Realität stellt – und auf eine Gesellschaft, die gelernt hat, sich dem #Unsinn zu beugen.

1. #Bürokratie als #Religion der #Vernunft

Lems Unterwasserplanet ist kein anarchisches Chaos, sondern das Gegenteil: ein hochorganisierter, bürokratischer Staat. In ihm existieren Behörden, die das »korrekte #Atmen« überwachen, #Kommissionen zur »Verbesserung der #Unterwasserdisziplin« und moralische Instanzen, die darüber wachen, dass niemand »abweicht«.

Diese Strukturen sind nicht bösartig im klassischen Sinn – sie handeln sogar aus Pflichtbewusstsein. Gerade darin liegt Lems #Satire: Die Bürokratie glaubt, rational und gesetzestreu zu sein, während sie in Wahrheit den gesunden Menschenverstand abgeschafft hat. In seiner typischen #Ironie beschreibt Lem eine Welt, in der das Formular wichtiger ist als das Leben selbst. Der #Wahnsinn ist vollständig administriert.

2. Die Ideologie des Gehorsams

Die Bewohner wissen, dass die Vorschrift unmöglich ist – doch sie gehorchen. Diese doppelte Haltung, die sowohl Lüge als auch Anpassung ist, bildet das Zentrum von Lems #Kritik. Der polnische Philosoph Leszek Kołakowski, ein Zeitgenosse Lems, nannte dies einmal die »Ontologie des Dogmas«: Was das System vorgibt, ist wahr, weil das System es vorgibt.

Lems Figuren leben in einer paradoxen Ordnung: Das Offensichtliche darf nicht ausgesprochen werden. Das #Unsinnige wird zur Norm. #Gehorsam ersetzt #Denken.

Die satirische Übertreibung verweist hier direkt auf die Erfahrung des sowjetischen Realsozialismus, in dem Lem aufwuchs: Ein #Staat, in dem #Ideologie und #Propaganda die Wirklichkeit deformierten, bis der Mensch selbst lernte, in 2 Wahrheiten zu leben – einer privaten und einer offiziellen. Und was man wissen muss: »Politisch korrekt« hieß in diesen Staaten nicht das, was wir darunter verstehen. Es hieß nicht »moralisch«, »gut«, »nicht diskriminierend« et cetera … es hieß: »Der Parteidoktrin folgend«.

3. Die Maske des Fortschritts

Wie in vielen #Sterntagebüchern versteckt Lem seine Kritik hinter der Maske der Zukunft. Science Fiction dient ihm dabei als Tarnung: Eine »sichere« Form, um über Systeme zu sprechen, die jede offene Kritik verboten hätten. Der Planet unter Wasser steht also nicht nur für Bürokratismus, sondern auch für die Selbstvergiftung einer Gesellschaft durch ihre eigene Rationalität. Lem zeigt: Der technische und organisatorische Fortschritt, wenn er sich selbst genügt, wird irrational. Er produziert Vorschriften ohne Sinn, Ordnung ohne Zweck, und Menschen ohne Stimme.

Damit steht diese Episode in enger Verbindung mit Lems anderen Satiren – etwa der Geschichte der »Maschine, die Gedichte schreibt« oder der »planetarischen Zivilisation der Perfektionisten«, die aus lauter Perfektion schließlich das Denken abschafft. Immer wieder fragt Lem: Wann wird Vernunft zur #Ideologie?

4. Die Ethik des Ungehorsams

Doch Lems Satire bleibt nicht bei der Kritik stehen. Im absurden Wasserstaat gibt es immer wieder Figuren, die versuchen, »unbemerkt Luft zu holen«. Das sind seine eigentlichen Helden: jene, die sich den Gesetzen des Unsinns still widersetzen – durch Nachdenken, Zweifel oder Humor. In dieser Geste liegt Lems moralische Botschaft: #Ungehorsam wird zur Form der Vernunft. Oder, wie #Hannah #Arendt es in anderem Kontext formulierte: »Denken ist gefährlich – doch Nichtdenken ist tödlich.«

Lem führt diese Haltung nicht pathetisch aus, sondern in leiser Ironie. Ijon #Tichy, sein ironischer Chronist, beobachtet alles mit jener Mischung aus Fassungslosigkeit und Gelassenheit, die nur jemand haben kann, der weiß: Der Wahnsinn der Welt ist systemisch – aber nicht endgültig.

Schluss: Lems Aktualität

Fast 70 Jahre nach ihrer Entstehung lesen sich Lems Sterntagebücher wie Kommentare zur Gegenwart: zu Algorithmen, die Entscheidungen ohne Verständnis treffen; zu #Bürokratien, die Daten wichtiger nehmen als Menschen; zu #Gesellschaften, die lieber »funktionieren« als nachdenken.

Der #Unterwasserplanet ist längst kein ferner Ort mehr – er ist #Metapher und #Warnung zugleich. Lem erinnert uns, dass Bürokratie ohne Vernunft, Gehorsam ohne Kritik und Ordnung ohne Freiheit immer ins Absurde führen. In seiner Mischung aus #Komik und #Tragik liegt die eigentliche Genialität dieses Autors: Er macht uns lachen – und gerade dadurch sehen wir klarer.

Oder, um es mit Lems eigenem #Spott zu sagen: »Der Mensch kann alles ertragen – sogar die Vernunft, wenn sie ihm befohlen wird.«

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