Die Wahrheit der Gerüchte – oder: Wie Lilliput die Realität formt

Die Wahrheit der Gerüchte – oder: Wie Lilliput die Realität formt

#Gütersloh, 24. Juni 2025

In #Lilliput geht alles ein bisschen geordneter zu. Hier hält man noch zusammen, hier kennt man sich – und hier weiß man auch über alles Bescheid. Zumindest so ungefähr. Zumindest so, wie es der #Flurfunk hergibt. Denn in dieser beschaulichen #Stadt gilt ein ehernes Gesetz: Was man hört, das stimmt. Je leiser geflüstert, desto wahrer. Je absurder, desto glaubwürdiger. Schließlich würde ja niemand einfach so etwas erzählen, wenn es nicht der #Wahrheit entspräche. Oder?

Die Quellen der Lilliputer Weisheit sind dabei vielfältig: ein Gespräch am Bäckereitresen (»Der Sohn von der Schneiderin soll jetzt in Mildendo studieren. Oder war’s die Entzugsklinik? Na, eins von beidem.«), ein Raunen im Wartezimmer (»Ich sag’s Ihnen, die beim Amt …«), ein zischender Kommentar auf dem #Wochenmarkt (»Die Müller? Der hat das Haus doch nur geerbt, weil … aber das dürfen Sie nicht weitersagen!«). Und schon beginnt das große Spiel: ein Gerücht auf Wanderschaft. Ein kleiner Satz, beiläufig hingeworfen, wird zum Flächenbrand in Messenger Gruppen, an Stammtischen und in Schützenvereinen.

Und weil man in Lilliput nicht kleckert, sondern klotzt, braucht es auch keinen #Faktencheck. Wozu auch? Der Aufwand, sich mit Realität abzugeben, ist in etwa so beliebt wie ein #Schlagloch auf der Hauptstraße. Der gute Lilliputer verlässt sich lieber auf die bewährte Logik: »Da wird schon was dran sein!« Oder, wenn es ganz wild kommt: »So was denkt man sich ja nicht aus.«

Und wehe dem, der sich erdreistet, ein #Gerücht zu hinterfragen! Das gilt hier schnell als unsolidarisch, als #Querulanz gegen die große #Gemeinschaft der wohlmeinenden Plauscher. Fakten? Viel zu kühl, viel zu trocken. Da hängt das Herz nicht dran. Ein guter Ruf ist in Lilliput wie ein Kartenhaus im Wind: Ein Hauch von Hörensagen genügt, und schon liegt er in Trümmern.

Für das Opfer bleibt dann nur noch staunendes Schweigen. Oder ein gequältes Lächeln, wenn die Nachbarn plötzlich wegschauen. Der eigentliche #Skandal? »Da bleibt immer was hängen.« Ob’s stimmt oder nicht, ist längst egal – die Geschichte hat sich längst in den weichen Boden des kollektiven Bewusstseins eingegraben. Und wer weiß, vielleicht ist es ja auch irgendwie wahr. Ein bisschen zumindest. Genug, damit man es weitersagt.

Was also tun, wenn man in Lilliput lebt und den guten Ruf retten will? Die Antwort ist einfach: Die Flucht nach vorn. Streuen Sie selbst ein paar pikante #Gerüchte über sich – dann behalten Sie wenigstens die Kontrolle. Oder erwägen Sie einen Umzug. #Brobdingnag soll ja ganz schön sein. Wenn es das gibt.

So lebt es sich hier: ehrlich, aufrichtig und immer bestens informiert. Die #Wahrheit? Die macht bei uns, was man ihr sagt.

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