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KWS Lectures: § 2 LPG NRW – wenn das Recht mehr verlangt als der digitale Alltag erlaubt
#Gütersloh, 9. Dezember 2025
Eine #Demokratie lebt nicht davon, dass alles (vermeintlich) reibungslos funktioniert. Sie lebt davon, dass das, was nicht funktioniert, sichtbar wird. Genau deshalb ist Kritik kein #Betriebsunfall der Demokratie – sie ist ihre #Betriebsbedingung.
Um das klarzustellen: »Kritik« heißt nicht, alles schlechtzureden, negativ zu sehen, herumzuschreien, herumzupöbeln. Kritik im philosophischen Sinne ist die Analyse.
Die »10th Man Rule«
Das, was moderne Demokratien dringender brauchen als Einigkeit, ist der institutionaliserte Widerspruch. Der israelische Nachrichtendienst #Mossad arbeitet dafür mit der sogenannten »10th Man Rule«: Wenn neun #Analysten zur gleichen Einschätzung gelangen, ist der 10. verpflichtet, systematisch das Gegenteil zu denken. Nicht aus Trotz, sondern um Denkfehler, blinde Flecken und kollektive Selbsttäuschung sichtbar zu machen. Übertragen auf die Gesellschaft heißt das: Eine lebendige Demokratie braucht nicht nur viele Meinungen, sondern gezielt den verantwortlichen Widersprecher – den einen, der den Mut hat, den Konsens anzugreifen, um die Wahrheit zu schützen. Ohne diesen zehnten Mann wird selbst die klügste Mehrheit irgendwann blind.
Im § 2 des Landespressegesetz NRW steht sinngemäß ein Satz von enormer Sprengkraft: Die #Presse wirkt an der öffentlichen Meinungsbildung mit – insbesondere durch #Kritik und #Kontrolle.
Das ist kein poetischer Zusatz. Das ist ein demokratischer Auftrag mit Rechtskraft.
Hier wird klargestellt: Die Öffentlichkeit soll nicht beruhigt, sondern aufgeklärt werden. Macht soll nicht begleitet, sondern überwacht werden. Politik soll nicht inszeniert, sondern hinterfragt werden.
Doch dieser Auftrag endet nicht bei der Presse. Denn das Fundament dieser Freiheit liegt noch tiefer – im Grundgesetz. Dort ist die Meinungsfreiheit als Grundrecht verankert. Und dieses Grundrecht ist nicht nur ein Schutzrecht – es ist eine Ermächtigung.
In Wahrheit bedeutet das: Jeder Bürger trägt einen Teil des demokratischen Kontrollauftrags mit.
Demokratie ist kein Zuschauerformat. Sie ist kein Abo Modell. Sie ist kein Service, den andere für uns erledigen. Sie ist ein Mitmach System der Zumutung. Doch genau hier entsteht heute ein gefährlicher Widerspruch: Rechtlich ist Kritik gewollt. Kulturell wird sie zunehmend entwertet. Systemisch wird sie oft bestraft.
Denn der digitale Raum bevorzugt Schnelligkeit vor Sorgfalt, Empörung vor Einordnung, #Lautstärke vor #Logik, #Haltung vor #Erkenntnis.
Kritik aber ist das Gegenteil davon: Kritik ist langsam. Kritik ist anstrengend. Kritik braucht Wissen, nicht nur Gefühl. Kritik muss Widerspruch aushalten – auch den eigenen.
Damit geraten wir in eine paradoxe Lage: Die Demokratie verlangt mündige, kritische Bürger. Das Mediensystem formt reflexhafte, erregbare Reaktionsmenschen.
Der Bürger soll denken – aber das System belohnt das Reagieren.
Der Bürger soll prüfen – aber das System beschleunigt das Urteilen.
Der Bürger soll Verantwortung für seine Meinung tragen – aber das System entlässt ihn in die Anonymität der Masse.
So entsteht eine neue Form der Demokratiegefährdung: Nicht durch Unterdrückung, sondern durch Überstimulation. Nicht durch Zensur, sondern durch Dauerablenkung. Nicht durch Denkverbote, sondern durch Gedankenersatz.
Dabei ist die Logik der #Verfassung eindeutig: Meinungsfreiheit bedeutet nicht »Ich darf alles sagen.« Sie bedeutet »Ich darf denken, prüfen, zweifeln – und dann sprechen.« Und genau hier schließt sich der Kreis zu dem Satz »Hören Sie auf, hier dumm herumzuplappern. Informieren Sie sich. Denken Sie nach. Dann reden wir weiter«. Das ist kein elitärer Satz. Das ist ein demokratischer Satz.
Er bedeutet: »Deine Meinung zählt – weil du Verantwortung für sie trägst«. Nicht trotz dieser Verantwortung.
Denn eine Demokratie, die nur noch Meinungen kennt, aber keine begründeten Urteile mehr hervorbringt, verliert ihre innere Steuerungsfähigkeit.
Dann wird alles gesagt – aber nichts mehr geprüft. Dann ist alles erlaubt – aber nichts mehr gemeint. Dann ist alles Meinung – aber nichts mehr Wahrheit.
Und deshalb gilt am Ende ein schlichter, unbequemer Grundsatz: Eine Demokratie, die Kritik nicht aktiv will und schützt, hört auf, sich selbst ernstzunehmen.
Nicht die laute Kritik ist ihr Problem. Nicht die falsche Kritik. Nicht einmal die ungerechte Kritik. Gefährlich ist nur die unterlassene Kritik. Denn wo nicht mehr widersprochen wird, ist die #Freiheit nicht mehr lebendig – sondern nur noch formal vorhanden.
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